Wettbewerb Gemeindezentrum Manno (TI)

Studien / öffentliche Gebäude

Mithilfe eines offenen Wettbewerbs sucht die Gemeinde Manno im Jahr 2018/ 2019 nach einer architektonischen und städtebaulichen Lösung für den Bau eines multifunktionalen Gemeindezentrums. Die unmittelbar an den historischen Kern angrenzende Parzelle soll durch die Platzierung des neuen Baukörpers Aussenräume bieten, die den Bewohnern Mannos als Treffpunkt dienen. Innerhalb des Gebäudes sollen neben einem vielseitig verwendbaren und unterteilbaren Mehrzweckraum, die bestehende Gemeindebibliothek, ein Büro- und Besprechungsraum sowie ein Weinkeller für die lokale Produktion untergebracht werden.

Das monolithische Volumen ist in seiner Formsprache und Grösse von der bestehenden historischen Bebauung abgeleitet. Mit seiner Erscheinung ergänzt es die Silhouette des ursprünglichen Dorfkerns.

Durch die Positionierung auf dem Grundstück und die Ausformulierung der Kubatur dient das neue Gebäude das Bindeglied zwischen dem historischen Kern und der zukünftigen Bebauung auf den südlich angrenzenden Parzellen. Die Giebelfassade des Satteldachgebäudes wendet sich wirkungsvoll in Richtung Tal und ist für den ankommenden Besucher präsent. Die nördliche Trauffassade bildet durch ihre Schrägstellung ein Gegenüber zum historischen Kern und spannt dort den Eingangsplatz auf. Die südliche Trauffassade hingegen steht rechtwinklig zu den Giebelseiten und schafft den Übergang zu einer zukünftigen Bebauung.

Das Setzen des Gebäudes auf den südlichen Teil der Parzelle und unmittelbar auf die Strassenlinie lässt es gut in Erscheinung treten. Vom Dorfkern kommend ist das neue Bauwerk bereits vom Ende der Strada Bassa aus zu erkennen.

Durch seine hohe Präsenz an der Strada Regina stellt das multifunktionale Zentrum einen neuen wichtigen Meilenstein auf dem historischen Weg dar. Neben dem kulturellen Angebot, das das Spazio Bellavista bietet, lädt es vor allem mit seinen verschiedenen Aussenräumen zum Verweilen und Geniessen der Landschaft ein. Die geplanten Plätze stellen eine Ergänzung zu den bestehenden Aussenräumen des Dorfes dar.

Das zweiseitige Fassen des Platzes durch Gebäudefassade und Stützmauer erzeugt einen geborgenen Aussenraum. Die im Bezug zum Strassenniveau erhöhte Lage ermöglichen einen unverstellten Ausblick über Autos und Strasse hinweg.

Zusätzlich zum Empfangsplatz mit Fernsicht im Norden entsteht auf der Westseite des Gebäudes ein introvertierter Platz. Er dient als Erweiterung des Saals und kann bei Veranstaltungen z.B. für Apéros, Freiluftaufführungen etc. genutzt werden.

Westlich oberhalb des Eingangsplatzes schliesst ein Picnic- und Grillplatz an. Dieser bildet in seiner Funktion den Übergang zwischen Wald und Dorf lockt und mit seiner schönen Aussicht zum Aufenthalt.

Zusammen mit der nördlich des historischen Kerns gelegenen Piazza Fontana umfasst der neue Platz am südlichen Ende der unteren „Durchgangsstrasse“ den historischen Dorfkern. Die Plätze bilden gemeinsam eine gute Orientierungsmöglichkeit im Ortsgefüge und stärken das Verständnis für die Eingliederung Mannos in die Landschaft.

Das bestehende Wegenetz und die engen Gassen des historischen Ortskern werden durch die Positionierung des neuen Gebäudes und durch das präzise Setzen von neuen Stützmauern fortgeführt. Der Fussgänger wird zwischen den baulichen Elementen hindurch auf die neu entstandenen Plätze geleitet. Alle neu geplanten Aussenräume sind für die Öffentlichkeit und die Dorfbewohner nutz- und erlebbar.

Der Weg entlang des Waldrandes wird über einen kleinen, neuen Pfad besser an die Dorfstruktur angebunden. So haben unter anderem auch die Pfadfinder und Krippenkinder einen schnellen und einfachen Zugang in die Natur.

Eine zukünftige Weiterführung der verschiedenen Wege in eine neue, südlich anschliessende Bebauungsstruktur ist gut denkbar.

Der Besucher nähert sich dem Eingangsplatz des Spazio Bellavista primär von der Strassenecke Strada Regina / Via Lavatoio. Aus Richtung Dorf kommend wird er automatisch auf diese Ecke zugeleitet. Zusammen mit dem Gebäudesockel erhebt sich dort eine grosszügige Rampe mit Sitzgelegenheiten und Bepflanzung auf das höher gelegenen Platzniveau. Dieses ist für kurzes Be- und Entladen zu Anlieferungszwecken von der Via Lavatoio aus befahrbar.

Das monolithische, steinerne Gebäude steht im Einklang mit seiner Umgebung und strahlt vor dem steilen Hang eine gewisse Kraft und Ruhe aus. Die aus der Nachbarschaft abgeleitete Architektursprache ist auf das Wesentliche reduziert. Die vorherrschenden verputzten Lochfassaden und Steildächer, sowie die immer wieder kehrenden Gebäudesockel und Stützmauern werden stilistisch übernommen und neu interpretiert. Auch der überwiegend warme Farbton der benachbarten Gebäude wird mit einem erdigen Farbton beibehalten.

Das schiefwinklige Satteldachgebäude ohne Dachüberstand ruht auf einem schalungsglatten Betonsockel, der gleichzeitig den Eingangsplatz bildet. Die grob strukturierten, eingefärbten Betonfassaden des Hauses bilden einen Kontrast zum glatten Sockel. Sie betonen den steinernen und dauerhaften Charakter des „Meilensteins“. Durch seine homogen aufgeraute Oberflächenstruktur harmonisiert das Multifunktionszentrum sowohl mit den frisch verputzten glatten Fassaden, als auch mit den rustikalen Bruchsteinfassaden und -stützmauern des Dorfs. Die hellere, lehmfarbene Tonalität ermöglicht, dass sich das Volumen vor dem dunklen Berg abhebt. So kann das Gebäude entsprechend selbstbewusst schon aus der Entfernung in Erscheinung treten.

Das Dach ist in Richtung Dorfkern mit einem farblich an die Wände angepassten Metall gedeckt. Die klare Kubatur des „Meilensteins“ wird durch die farbliche Anpassung und den flächenbündigen Anschluss des Daches betont. In Richtung Süden besteht die Dachdeckung aus vollflächigen, optisch gut integrierten Photovoltik-Elementen. Die Deckung beider Dachflächen wird trotz unterschiedlicher Materialien durch gleiche Bahnbreiten und ähnliche Reflexionsgrade der Oberflächen optisch zusammengezogen.

Die aussenbündigen Fenster bilden mit ihrer glatten Struktur einen Kontrast zur rauen Oberfläche des Betons und unterstreichen die schlichte Kubatur. Mit Ausnahme der Saal-Fenster weisen alle das gleich grosse, quadratische Format auf. Dadurch erhält das Gebäude trotz der sehr heterogenen Nutzungen ein harmonisches Gesamtbild. Die zunächst spielerisch wirkende Anordnung der Fenster ist aus der inneren Gebäudestruktur abgeleitet und verrät ansatzweise die Organisation mittels Splitlevel.

Der gedeckte Eingang ist in die Kubatur eingeschnitten und markiert den Zugang.

Über ein Foyer betritt der Besucher die Erschliessungszone, die analog zu einer historischen Gasse das Gebäude durchzieht. Grosse Fenster an deren Enden und in der Dachfläche leiten den Besucher durch das Gebäude und ermöglichen eine gute Orientierung innerhalb des Hauses und am Hang.

Die unterschiedlichen Nutzungen sind auf verschiedenen Niveaus an die Erschliessungszone angegliedert.

Vom Foyer aus betritt man den Saal, der sich über die gesamte Gebäudetiefe erstreckt und somit Berg und Tal erlebbar macht. Eine Schrankschicht bietet neben dem erforderlichen Stauraum auch Platz für die mobilen Trennwände und beinhaltet zudem die Eingangstüren. Die Trapezform des Saals schafft den Übergang zwischen den beiden aus dem Städtebau abgeleiteten Winkeln und ermöglicht eine gute Akustik für die verschiedenen Veranstaltungen. Ausserdem bietet der trapezförmige Grundriss den Vorteil, dass auch die drei unterteilten Einzelräume angenehme Raumproportionen aufweisen. In die zweigeteilten Unterzüge unter der Saaldecke sind die Schienen für die Trennwände integriert. Im unterteilten Zustand verfügt jeder Raumabschnitt über ein eigenes Schrankabteil. Der mittlere Teil ist den Pfadfindern zugeordnet. Er hat über ein grosses Fenster in Richtung Süden einen direkten Sichtbezug zu ihrem Standort „Ex Fasel“. Neben den Pfadfindern befindet sich, zum Tal hin orientiert, die Raumeinheit für die Krippe. Beide Nutzungen haben ihre Eingänge nahe zum gegenüberliegenden Lagerraum. Auf dieser Seite des Gebäudes befindet sich auch die Küche.

Die Treppe führt bergauf in das Ober-/ Dachgeschoss, welches über ein Splitlevel organisiert ist. Auf der tieferen Ebene des Splitlevels (über Küche und Lager) befindet sich der Büro- und Besprechungsraum. Über ein Fenster auf der Nordseite besteht ein Sichtbezug zum Eingangsplatz und zum Dorfkern. Einige Stufen höher liegt über dem Saal die Bibliothek. Ein Fenster zur Erschliessungszone schafft Sichtbezüge ins Gebäudeinnere und sorgt für zusätzliche Helligkeit über das von oben belichtete Treppenhaus.

Allen drei Hauptnutzungen gemein ist die Orientierung der Räume sowohl zur Berg-, als auch zur Talseite. So können die verschiedenen Nutzer gleichermassen vom schönen Ausblick profitieren und zudem den neu gestalteten Aussenraum auf der westlichen Hangseite erleben.

Die Nebennutzungen, sowie der Weinkeller sind im Untergeschoss untergebracht. Die Treppe führt vom Erdgeschoss aus in Richtung Tal hinab. Der Gangbereich wird dort über im Sockel angeordnete Fenster natürlich belichtet.

Ein verglaster Lift garantiert die rollstuhlgerechte Erschliessung der Geschosse.

Die Ausblicke aus dem massiven Gebäude werden gezielt inszeniert und eröffnen in allen wesentlichen Räumen das Panorama über das Tal hinweg auf die dahinter liegenden Berge. Die grossen, ungeteilten Fensterformate ermöglichen einen ungehinderten Ausblick; ein schmaler Öffnungsflügel ist optisch in den Fensterrahmen integriert. So entstehen gerahmte Blick in die Landschaft.

Die Aussenwände bestehen aus einer zweischaligen, kerngedämmten Betonkonstruktion. Die äussere Schale ist eingefärbt und die grob strukturierte Oberfläche von Hand nachbearbeitet und gespitzt.

Die inneren Tragwände und Geschossdecken werden gemauert und betoniert. Die Lasten aus der Bibliothek werden mittels Betonunterzügen im Bereich der Saaldecke abgeleitet.

Bei der Tragstruktur des Daches handelt es sich um eine Zimmermannskonstruktion. Gedeckt ist das Dach auf der Nordseite mit einer Metall-Falz-Deckung und auf der Südseite mit vollflächig integrierten Photovoltaik-Elementen. Mit der eigenen Stromproduktion und dem Einsatz einer langlebigen, recyclebaren Metalldeckung leistet das Gebäude von grossem öffentlichen Interesse seinen Beitrag zum Umweltschutz.

Das Minergie Gebäude hat ein kompaktes Volumen mit einem günstigen A/V-Verhältnis. So werden Energieverluste gering gehalten. Gleichzeitig sind die Fensterflächen in Richtung Süden auf ein Minimum reduziert, so dass eine notwendige Kühlung auf einem niedrigen Niveau betrieben werden kann.